Ich bin ganz ehrlich:
Es gibt Momente, da will ich einfach weggucken. Nicht, weil ich Angst habe. Sondern weil ich weiß, was im nächsten Moment geschehen kann. Weil ich es oft gesehen habe, wie Menschen dumme Dinge tun.
Ein täglich wiederkehrendes Beispiel:
Jemand auf dem Fahrrad. Kein Helm. Vollgas durch die Stadt. Ampel gelb oder rot? Egal!
Einmal tief in die Pedale – läuft schon.
Und ich denke mir jedes Mal, wenn ich so etwas sehe:
„Warum?!“
Ich meine, Du setzt Dich auf ein Fahrzeug, fährst durch den Stadtverkehr, überholst Autos – und das einzige, was Du nicht dabei hast, ist der Schutz für das, was Dich überhaupt erst zu einem denkenden Menschen macht.
Denn Sorry, falls Dir das noch keiner gesagt hat:
Du bist Dein Gehirn.
Nicht Dein Style! Nicht Dein Spotify-Account! Nicht Dein cooles Urban-Bike!
Alles, was Du bist – Deine Erinnerungen, Deine Gefühle, Deine Träume, Deine Persönlichkeit – sitzt da oben drin.
In diesem durchschnittlich knapp 1,3 Kilogramm schweren Organ, das Du gerade ohne jeglichen Schutz durch den Feierabendverkehr balancierst.
Und wenn Du stürzt – und glaub mir, ich habe es gesehen – dann bringt es Dir genau gar nichts, dass Du Vorfahrt hattest.
Und dann gestern im Stau: der Motorradfahrer.
Ich hab da so einen ganz speziellen Typus im Kopf.
Stau auf der A40. Zwischen Gelsenkirchen Süd und Essen Kray.
Alles steht bzw. fließt langsam.
Ich stehe grad auf der Rechten Spur hinter einem Laster
Und dann sah ich ihn
Auf der Mittellinie zwischen den beiden linken Spuren.
Zwischen Autos durch. Kein Platz, kein Schutz, kein Spielraum.
Und ich stehe da, im Auto, und bete innerlich, dass niemand auf die Idee kommt,
jetzt spontan auszusteigen oder die Spur zu wechseln.
Denn wenn’s knallt, knallt’s richtig.
Und ich weiß schon jetzt, wer wieder als Ersthelfer rausrennt. Wer das Kind beruhigt, das gerade gesehen hat, wie jemand mit 80 km/h über eine Fahrbahnmarkierung gestolpert ist
und anschließend mit der Leitplanke Bekanntschaft gemacht hat und womöglich seine Innereien auf dem Asphalt verteilt hat.
Warum ich das schreibe?
Weil ich ehrlich bin:
Ich will so etwas einfach nicht mehr sehen. (/Und ja, ich sah schon Menschen verunfallen und sterben, teilweise in ihrem eigenen Blut liegend.
Nicht, weil ich abstumpfe, sondern weil es mich fertig macht. Weil es vermeidbar wäre.
Mit einem Helm.
Mit einem bisschen Vorsicht.
Mit ein bisschen… Nachdenken.
Denn nochmal, und das ist mir wirklich wichtig:
Du bist Dein Gehirn.
Und wenn das beschädigt ist, ist es egal, ob Du Vorfahrt hattest. Oder coole Fotos auf Instagram hast. Oder ein Bike mit Carbonrahmen Dein Eigen nennst.
Dann ist vorbei.
Ich helfe, wenn ich kann – immer, weil ich muss! Aber ehrlich?
Manchmal würde ich lieber einfach nur einkaufen fahren, ohne zusehen zu müssen, wie jemand sein Leben riskiert, weil der Helm nicht zum Outfit passt, die Frisur verhunzt oder man sich einfach durchdrängeln muss.
Ich will es nicht mehr sehen.
Aber ich weiß, dass ich es wieder tun werde. So etwas sehen… und helfen, wenn es zu spät ist.