Ich sehe es so klar kommen: In ungefähr 20 Jahren – wenn ich dann in ein hoffentlich nicht ganz so kaputtes Spiegelbild blicke – werde ich vielleicht bereuen, Kinder in diese Welt gesetzt zu haben. Vielleicht bereue ich es sogar schon jetzt. Und dabei liebe ich meine Kinder, ich liebe sie so sehr, dass mir fast der Atem stockt, wenn ich an das denke, was ihnen bevorstehen könnte. Es ist nicht ihr Lachen, das mir Angst macht – es ist das große Drumherum. Alles um unsere kleine Familienblase herum. Die Welt ist im Wandel – und leider, leider, mit zunehmender Geschwindigkeit nicht zum Besseren.
Damals, vor knapp 23 Jahren, stand ich am Abitur – um die Jahrtausendwende. So jung, so naiv, so hoffnungsvoll. Die EU war wie das Glitzerband der Zukunft, alles schien möglich: grenzenlose Freiheit, Demokratisierung, Bildung, Umweltschutz – wir alle spürten den Aufbruch, das Bewusstsein für unseren kleinen blauen Planeten stieg. Ein bisschen Dystopie war erlaubt, solange es nur ein Hauch Farbe blieb. Ich war nie Aktivist, aber ich fuhr Rad, nahm den ÖPNV, war im Müll nie unachtsam (Danke, Mama und Papa – ihr habt Umweltrespekt tief in mich eingepflanzt!). So gingen wir alle miteinander um – einfach, logisch, selbstverständlich – und ein ganzes Stück freundlicher.
Dann kam das Leben. Nach einigen Liebeleien habe ich meine Frau 2007 persönlich kennengelernt. Wir kannten und interessierten uns ja füreinander seit 1998 – Uns war relativ schnell klar, dass wir eine Familie gründen wollten. Schnell waren wir schwanger…… und dann kam 2008. Nicht nur, dass mein Schwiegervater, der er hätte werden sollen, tödlich vom Roller gegolt wurde… der Immobilienblase folgte die Wirtschaftskrise, das globale Chaos klopfte an. Arbeitslosigkeit stieg, die Welt verteilte ihre Katastrophen wie Konfetti. Doch als Nummer drei – unsere Tochter – 2009 zur Welt kam, keimte der Optimismus wieder: Alles wird gut. Irgendwie. Wirklich.
Und zu Beginn der 2010er-Jahre – ganz kurz – schien alles besser. Ozonloch schrumpfte, Kuba öffnete sich, Arabischer Frühling, Hoffnung, Fortschritt. Ja, es gab auch Schatten: Krim, Terror, Flüchtlingsdramen. Aber unterm Strich – zumindest in meinem Gefühl – war wieder Aufwind da. Vielleicht schaffen wir’s wirklich.
Aber dann rutschte die Welt erneut ab. Pandemie, Kriege, Klima kollabiert. Russland in der Ukraine, China und Taiwan – droht, knattert, flirrt. Und jetzt – jetzt sitzt Trump wieder an der Spitze. Und statt zurück zur Normalität, baut er die USA in Richtung „Bananenrepublik“ um: Menschenrechte beschnitten, Klimaschutz gestrichen, Umweltzerstörung gefeiert, Pressefreiheit unter Druck. Eine ewige Abwärtsspirale.
Das letzte Sahnehäubchen: Am 5. September 2025 hat Trump per Dekret das US-Verteidigungsministerium in „Department of War“ umbenannt – also Kriegsministerium. Eine symbolische, aber furchteinflößende Kehrtwende: Nicht mehr Verteidigung, sondern Angriff. „Maximum Lethality, not tepid legality“, tönt sein Kriegsminister Pete Hegseth. Es ist Perfektion in politischer Tarnung – noch bleibt „Defense“ gesetzliche Realität, aber auf Websites, Schildern und in Presseauftritten heißt es jetzt „War“. Und Trump findet, das sei ein „stärkeres, weniger woke“ Signal.
Und trotzdem – so sehr mich die Angst jeden Tag mehr auffrisst – gebe ich den Gedanken nicht völlig auf, dass es noch Wege gäbe, das Ruder herumzureißen. Wir Menschen sind ja nicht nur Meister im Zerstören, wir können auch aufbauen, heilen, erneuern. Wir könnten aufhören, uns wie Kleinkinder im Sandkasten um Schaufeln und Förmchen – pardon: Ölquellen und Machtgebiete – zu prügeln. Wir könnten unsere gigantische Kreativität, unsere Wissenschaft, unsere Technik nicht dafür verschwenden, uns gegenseitig schneller auszurotten, sondern sie nutzen, um Hunger, Krankheiten und Umweltzerstörung zu bekämpfen. Wir könnten, wenn wir es nur wollten, eine Welt erschaffen, in der unsere Kinder nicht mit Angst, sondern mit Neugier in die Zukunft blicken. Vielleicht klingt das naiv, vielleicht sogar lächerlich, aber genau das unterscheidet uns von den Dämonen, die wir so gern in anderen sehen: Wir haben die Wahl. Wir haben die Möglichkeit, den Kurs zu ändern. Und auch wenn ich manchmal selbst kaum mehr daran glauben kann, bleibt dieser eine Satz in mir hängen, wie wir alle wissen: Die Hoffnung stirbt zuletzt.